Ewiger Landfriede – Kapitel 1 – Fortsetzungsroman

Stadtmauer

Ewiger Landfriede – Kapitel 1 – Fortsetzungsroman

Der folgende Text ist ein sogenannter Fortsetzungsroman. Diese Art von Roman wurde in Frankreich als sogenannter Feuilletonroman erfunden. Er wurde im Feuilleton, also im Kulturressort einer Zeitung, abgedruckt. Jede Woche konnten so die Leser ein neues Kapitel ihres Lieblingsromans lesen. Das folgende Kapitel ist inspiriert von diesen Romanen. Bram Stoker’s Dracula ist das Musterbeispiel und ein direktes Vorbild. Der Titel “Ewiger Landfriede” bezieht sich auf ein 1495 erlassenes Gesetz, welches alle Blutfehden für beendet erklärt. Der Roman ist in Briefform geschrieben, also Briefe, welche die Hauptfigur an ihren Bruder schreibt.

Kapitel 1

25. August 1495, Hannover 

Bruder, ich schreibe dir diese Nachricht als Beweis meiner Überzeugung. Unser Name wird nicht vergessen werden. Ich hoffe, dieser Brief findet dich in besserer Gesundheit als bei unserer Verabschiedung. 

Mein Weg hat mich am fünfzehnten August nach Hannover geführt. Unsere alte Heimat hat nichts von ihrer Schönheit verloren. Die vierunddreißig Türme an ihren Wällen bleiben unerschütterlich in ihrer Aufgabe Hannover zu beschützen. Die Tore der Stadt sind Reisenden noch geöffnet. Die Stadtwache ließ mich jedoch nur nach genauer Befragung in die Stadt. Der König und die Reichsstände in Worms scheinen ein neues Gesetz erlassen zu haben. „Ewiger Landfriede“ nennen sie es.

Eine Spötterei! Alle bestehenden Fehden sollen aufgehoben werden! Niemand mit auch nur einer Faser Ehre im Leib würde einem solchen Gesetz folgen. Unsere Rache wird nicht von fernen Herrschern im bergigen Süden verhindert werden. Die Stadtwache in Hannover teilt meine Ansicht. Es füllt meine Brust mit Stolz, zu wissen, dass unsere Landsleute die Wichtigkeit der Ehre kennen. Nichtsdestotrotz sind bewaffnete Reisige nicht länger gern gesehen. Meine Suche nach dem Objekt unserer Rache schritt nur langsam voran. Unsere Feinde scheinen sich nur zu zeigen, wenn sie durch Verrat und Heimtücke die Oberhand haben. 

 In einem Wirtshaus am Nordufer der Leine traf ich meine einzige Spur. Unser erstes Treffen verlief holprig. Bei meinem Eintritt in das Gasthaus „Am Nordufer“ sah ich einen offensichtlich Fremden im Gespräch mit dem Wirt. Mit ‚Fremder‘ meine ich nicht einen Händler aus St. Gallen, der die Leinwandproduktion in Hannover evaluiert. Solche Reisigen sind ein Anlass für Tratsch, aber gang und gäbe in ihrer Häufigkeit. Ich meine einen Fremden, der durch seine bloße Existenz zeigt, dass er aus einer anderen Welt stammt. Mit weiten purpurnen Kleidern, die durch einen silbern beschlagenen Gürtel gebändigt werden. Auf seinem Rücken trägt er ein Schwert, das zu groß für einen Mann von seiner durchschnittlichen Statur ist. Jedoch bewegt er sich mit einer Leichtigkeit, als spürte er das Gewicht des Schlachtinstrumentes auf seinem Rücken nicht. Sein krauser, wohl gepflegter Bart und die sonnengebräunte Haut identifizieren ihn als Südländer.

Das erste Wort, das ich aus seinem Mund hörte, war „Tzimas“. Du kannst dir vorstellen, Bruder, dass mein Schwert in meine Hand flog, bevor er seinen Satz beenden konnte. Mein Leben wurde nur durch die Großzügigkeit des Fremden gerettet. Bevor ich ihn niederstrecken konnte, war mein Arm in seinem Griff. Ich muss ehrlich gestehen, dass meine Kräfte in keinem Vergleich zu seinen stehen. Das Gebiss eines Wolfes hätte es nicht fester ergreifen können. „Sei nicht zu voreilig auf der Suche nach deinem Tod, junger Mann.“, raunte er mir zu. Seine Stimme war sanft, jedoch kalt. Er sprach Deutsch mit einem kaum hörbaren Akzent. „Mein Name ist Michael.“ Er sprach seinen Namen mehr wie Mikail aus. „Gehe ich recht in der Annahme, dass auch du die Bekanntschaft der Tzimas gemacht hast?“ 

Der Brief wird hier zu lang, und Papier ist rar. Ich hoffe dir bald mehr schreiben zu können. Wisse, dass unsere Rache mit Micheals Hilfe auf einem guten Wege ist. 

In Liebe und Loyalität, 

dein Bruder Ulrich Leine 


Inspiriert von Bram Stoker’s “Dracula”: https://www.gutenberg.org/files/345/345-h/345-h.htm#chap01

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