„Primus“ – der Renault R5 im Test bei exPRESS

„Primus“ – der Renault R5 im Test bei exPRESS

Früher oder später kommt fast jeder von uns einmal mit der Frage in Berührung, welches Auto man sich kaufen sollte. Heutzutage sind vor allem Kleinwagen mit viel Ausstattung und Komfort, wie der Polo oder Golf, beliebt bei Fahranfängern. In den 90er Jahren sah das noch ganz anders aus. Ist er heute kaum noch auf den Straßen zu sehen, schien der Renault R5 damals DAS Auto der jungen Leute zu sein. Deshalb unterzogen die damaligen Azubis den „Primus“ dem exPRESS-Autotest und überprüften ihn auf Herz und Nieren – lest hier, wie er abgeschnitten hat…

Geschrieben vom ehemaligen Auszubildenden Christian Engelmann, exPRESS-Ausgabe 2/1995

Wird der „Primus“ unterschätzt?

Es kommt der Tag, an dem man den Führerschein in der Tasche hat und ein Auto her muss. Nicht jeder hat das Glück, von seinen Eltern gesponsert, wenn nicht gar beschenkt zu werden. Also begibt man sich auf den Gebrauchtwagenmarkt.

Die regionale Tageszeitung ist in der Rubrik Gebrauchtwagen voller Angebote. Jedoch werden für die populären Marken wie zum Beispiel Volkswagen, Ford, Honda, Audi, Mercedes und BMW horrende Summen verlangt. Dabei ist es noch nicht einmal sicher, dass diese Angebote auch das halten, was sie versprechen. Aus diesem Grunde stellen wir auch Nischenfabrikate vor, die oftmals erheblich günstiger sind, dabei aber nicht unbedingt schlechter.

Was bei Citroen die Ente (2CV) ist, ist bei Renault der R4. Doch der ist schon fast ausgestorben. Aus diesem Grunde haben wir uns seinem Nachfolger, dem R5, gewidmet. Der R5 ist ein kleines, schnuckeliges, meist von Frauen gefahrenes Auto. Wendig durchkurvt er auf der Suche nach einer Parklücke die Innenstadt. Das zeigt uns schon, für welche Strecken er am besten geeignet ist.

Klein, aber oho!

Auf Kurz- und Mittelstrecken fühlt er sich am wohlsten. Hier kann er seine „Größe“ (Länge: 3591 mm, Breite: 1564 mm) voll ausspielen. Bei schneller, häufig wechselnder Kurvenhatz ist aufgrund seiner franzosentypisch, weich angestimmten Federung eine starke Seitenneigung nicht zu verhindern. Dieses hat aber keine Auswirkung auf den Fahrkomfort, denn Stöße werden gut absorbiert. Selbst in einer engen Parklücke ist die Angst vor Türremplern unbegründet. Der „Primus“ ist rundum durch eine breite Kunststoffleiste vor solch unfreiwilligen Stößen geschützt. Sollte man mit dem R5 eine längere Strecke, zum Beispiel Hannover – München, zurücklegen wollen, ist es von Vorteil, ausgiebige Pausen mit einzuplanen. Die Polsterung des R5 ist wie bei den meisten „Franzosen“ recht weich geraten. Wenn man sich auch auf kürzeren Strecken wohl fühlt, auf langen Strecken bekommt man irgendwann doch Rückenschmerzen. Wer diese durch Pausen zu verhindern versteht, kommt auch mit dem „Primus“ entspannt am Zielort an.

Es sei denn, ein Reifen platzt. Schon geht es los, Auto absichern (Warndreieck usw.), Reisegepäck aus dem nicht sehr üppigen Kofferraum entnehmen, Reserverad hervorholen,… Reserverad, wo ist das eigentlich? Haben die Konstrukteure in der Annahme, der R5 habe nie eine Reifenpanne, das Reserverad einfach weggelassen oder ist es unter der reparaturunfreundlich nach vorne aufzuklappenden Motorhaube versteckt? Fehlanzeige, dort ist nur der Wagenheber. Das Reserverad ist an ungewohnter, jedoch gut zu erreichender und geschützter Stelle angebracht: Unter dem Autoheck. Es wird mittels eines Gestänges und einer im Kofferraum mündenden Schraube fixiert.

Ohne das Gepäck oder den Einkauf aus dem Kofferraum nehmen zu müssen, ist es ein Leichtes, an das Reserverad heranzukommen. Doch Vorsicht, nachdem nun schon die Hände durch den Reifenwechsel schmutzig geworden sind, droht beim Einsteigen erneut Gefahr. Herkömmliche Türgriffe besitzt der Renault nicht. Seine Türgriffe sind in tiefen Mulden verborgen, die leicht zu Fingernagelkillern werden können. Wer aber einmal Platz genommen hat, kann, nachdem der Choke gezogen wurde, mit dem gut am Gas hängenden, jedoch im kalten Zustand zum Stuckern neigenden R5 flott vorankommen. Dabei genehmigt sich der „Kleine“ 8-9 Liter Bleifrei. Sollte er einmal in die Werkstatt müssen, lässt man sich besser einen Kostenvoranschlag machen, da der R5 sehr teuer sein kann.

Fazit vom kleinen “Primus”

Fazit der Autoren der exPRESS-Ausgabe von 1995: Wer vorwiegend in der Stadt fährt, ist mit dem R5 gut bedient, auch wenn mal eine längere Strecke zu fahren ist. Jedoch sollte der „Kleine“ nicht älter als sieben Jahre alt sein, da sonst der Rost um sich greift.

Fortsetzung folgt:
Welches Auto ist jetzt im Trend? Was ist mit diesem Auto passiert? Das erfahrt ihr in einem Interview von einer damaligen Besitzerin des Renault R5 „Primus“.

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Bildquellen

  • Kofferraum: intres
  • Motorhaube: intres
  • Primus von vorne: intres

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